LG zu unzulässiger Frischzellentherapie
Wettbewerbsrecht | Das Landgericht München I hat mit einem Urteil (Az.: 1 HK O 18008/19) einem Unternehmen die Herstellung, Anwendung und Bewerbung von Frischzellen tierischer Herkunft für eine sog. „Frischzellentherapie“ verboten.
In dem Verfahren hatte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. auf Unterlassung aufgrund Verstoßes gegen Regelungen im Heilmittelbereich geklagt. Die Beklagte hatte am 21.06.2019 auf ihre Webseite für eine „Frischzellentherapie“ zur Anwendung am Menschen geworben. Dabei sollte die Therapie nach den Angaben der Beklagten unter anderem zur Behandlung von Altersbeschwerden mit körperlicher und geistiger Erschöpfung, Reizbarkeit, Konzentrationsmangel, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf- und Gefäßkrankheiten geeignet sein. Die 1. Handelskammer des LG München I gab der Klage dabei vollumfänglich statt.
Zur Begründung gab das Gericht an, dass das von der Beklagten vertriebene Produkt aufgrund mehrerer gutachterlicher Stellungnahmen als bedenkliches Arzneimittel im Sinne des § 5 Arzneimittelgesetz einzustufen sei. Den Frischzellen komme bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine schädliche Wirkung zu, die über das von der medizinischen Wissenschaft vertretbare Maß hinausgehen würden. So gebe es zum einen das Risiko der Übertragung von Infektionserregern und zum anderen das Risiko immunologischer und allergischer Ereignisse bei der Verabreichung des Fremdproteins. Hinzu kommt der Umstand, dass die von der Beklagten beschriebene Wirksamkeit bei einer Vielzahl von Beschwerden keineswegs wissenschaftlich belegt sei.
Auch wenn man unterstellen würde, dass die Beklagte alle Maßnahmen ergreife, um sterile Bedingungen zu gewährleisten und mögliche Bakterien und Viren inaktiv werden zu lassen, bestehe immer noch das nicht auszuschaltende Risiko immunologischer bzw. allergischer Nebenwirkungen. Aus diesem Grund sah das Gericht das Risiko irreversibler Schäden im Vergleich zum nicht belegten Nutzen als unvertretbar an, da es insbesondere auch zugelassene und gut verträgliche Therapiealternativen gebe.
Informationsquelle: Pressestelle des Landgerichts München I, Pressemitteilung Nr. 26/2020 vom 27.11.2020