BGH zu Klauseln bei Kartellabsprache
Wettbewerbsrecht | In dem Urteil vom 10. Februar 2021 des Kartellsenats des Bundesgerichtshof (Az.: KZR 63/18) entschied der BGH, dass Schadenspauschalierungsklauseln einen an einem Kartell beteiligten Auftragnehmer nicht entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Zudem wurde festgestellt, dass der Schadensersatzanspruch eines Geschädigten grundsätzlich durch eine Klausel im Kaufvertrag wirksam auf einen Betrag pauschaliert werden kann, welcher 15 % der Abrechnungssumme nicht übersteigt.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt klagte die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ) gegen den Hersteller und Händler von Gleisobermaterialien (Schienen, Weichen und Schwellen) auf Schadensersatz wegen kartellbedingt überhöhten Kaufpreisen. Die BVG bezog in den Jahren 2002 und 2003 in 7 Fällen Weichen und Weichenteile von dem Beklagten. Zu dieser Zeit war der Beklagte in Kartell-, namentlich Preis-,Quoten- und Kundenschutzabsprachen beteiligt. In der Zeitspanne von 2001 bis zur Aufdeckung des Kartells 2011 einzelnen Unternehmen bestimmte „Stammkunden“ zuordnete. Andere an dem Kartell beteiligte Unternehmen verzichteten diesem gegenüber auf die Abgabe von Angeboten, reichten diese nach Ablauf der Angebotsfrist ein oder schrieben im Angebot einen überhöhten Preis aus, sodass das dem „Stammkunden“ zugeordnete Unternehmen den Auftrag erhielt.
Den Kaufverträgen lag eine Klausel der „Zusätzlichen Vertragsbedingungen der BVG“ zugrunde, welche besagte, dass sie im Falle einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung der Auftragnehmer einen Betrag von 5% von Höhe der Abrechnungssumme an die BVG als Auftragnehmer zahlen muss. Dies sei nur nicht der Fall, sofern vom Auftragnehmer nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine andere Höhe zu beziffern sei.
Die BVG bekam bereits in den Vorinstanzen Recht. Die Beklagte verfolgte mit der Revision vor dem BGH weiter ihren Antrag auf Klageabweisung. Das vorinstanzliche Urteil wurde durch den BGH aufgehoben und die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Trotz dessen stellt der BGH fest, dass das Berufungsgericht bereits zutreffender Weise von der Wirksamkeit der vorliegenden Pauschalisierungsklausel ausging. Denn auch im unternehmerischen Verkehr seien die Wertungen Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §307 BGB grundsätzlich zu berücksichtigen. Denn die Bezifferung eines Schadens aus Verstoß gegen Kartellverbot sei in vielerlei Hinsicht schwierig, weil der hypothetische Preis ohne Absprache ermittelt werden müsste. Deshalb sollten Pauschalierungen (vgl. § 309 Nr.5 BGB) die Verringerung von Zeitaufwand und Kosten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bewirken.
Dabei ist eine durch den Kläger eingeführte Studie kartellbedingter Preisaufschläge, beauftragt durch die Europäische Kommission zu beachten. Nach dieser belaufen sich die durch Kartellabsprache verursachten Preiserhöhungen bezogen auf den tatsächlich gezahlten Kaufpreis im Mittel auf 15 %. Sofern dem Schädiger eine Möglichkeit bleibt etwaige fehlende oder geringere Schäden nachzuweisen, ist dies im Rahmen einer Pauschalierungsklausel angemessen.
Informationsquelle: Pressemitteilung des BGH vom 30. April 2021