OLG zu Rücktritt vom Versicherungsvertrag
Vertragsrecht | Das Oberlandesgericht Braunschweig hat mit einem Urteil (Az.: 11 U 15/19) entschieden, dass eine Versicherung vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Versicherungsnehmer beim Vertragsschluss Fragen zum Gesundheitszustand bewusst wahrheitswidrig beantwortet.
Im Jahr 2011 hatte ein Vater für seine damals 15-jährige Tochter eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Bei der Frage nach Vorerkrankungen auf dem Versicherungsformular hatte der Vater mit „nein“ geantwortet, obwohl die Tochter sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren in einer Psycho- und Verhaltenstherapie, unter anderem wegen Entwicklungs- und Essstörungen, befand. Im Jahr 2016 wollte der Vater die Versicherung in Anspruch nehmen, da seine Tochter wegen psychischer Beeinträchtigungen weder ihre Schulausbildung fortsetzen noch eine Berufsausbildung beginnen konnte. Die Versicherung lehnte dies jedoch ab und trat vom Vertrag wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurück.
Die Klage des Vaters, die auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages gerichtet war, blieb jedoch ohne Erfolg. Das OLG entschied, dass die Versicherung berechtigt zurückgetreten sei, da der Vater die Fragen im Versicherungsformular arglistig falsch beantwortet habe. Insbesondere konnte er sich nicht darauf berufen, dass einige Störungen der Tochter ausgeheilt gewesen seien, da in dem Formular ausdrücklich nach Vorerkrankungen der letzten fünf Jahre gefragt wurde.
Weiterhin führte das OLG aus, dass der Vater die Störungen der Tochter kannte und nicht darlegen konnte. Insbesondere seien auch die Eltern mit in die Behandlung im Rahmen der Therapie einbezogen worden. Aufgrund des Umstandes, dass der Vater es erkannt und gebilligt hat, dass die Versicherung im Fall der Kenntnis von der Krankheit der Tochter den Vertrag nicht oder zu anderen Konditionen abgeschlossen hätte, habe er arglistig gehandelt. Demnach konnte die Versicherung vom Vertrag zurücktreten.
Informationsquelle: Pressestelle des OLG Braunschweig, Pressemitteilung vom 25.09.2020