BGH zu Wiederrufsrecht bei Treppenlift
Vertragsrecht | Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil (Az.: I ZR 96/20) entschieden, dass Verbraucher über ein ihnen zustehendes Widerrufsrecht zu informieren sind, wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen einen Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts abschließen, für den eine passende Laufschiene angefertigt und in das jeweilige Treppenhaus eingepasst werden muss.
Im konkreten Fall hat eine Verbraucherzentrale gegen eine Händlerin von Kurventreppenliften geklagt. Die Treppenlifte werden dabei individuell an die im Treppenhaus zu befahrenden Kurven angepasst. Gegenüber den Verbrauchern erklärte die Beklagte, dass mit Ausnahme eines bestimmten Modells kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Die Klägerin sah in dem Verhalten einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Sowohl vor dem Landgericht als auch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht unterlag die Klägerin. Der Bundesgerichtshof gab der Revision der Klägerin dagegen statt und die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zur Unterlassung verurteilt.
Zur Begründung führte der BGH aus, dass die Werbung der Beklagten mit der Angabe, dass im Falle eines individuell an die örtlichen Gegebenheiten angepassten Kurventreppenlifts kein Widerrufsrecht bestehe, eine Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen die Vorschriften des § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, die als Marktverhaltensregelungen gemäß § 3a UWG einzustufen sind, begründe. Demnach sei das Widerrufsrecht der Verbraucher nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Der in der Vorschrift genannte Begriff „Verträge zur Lieferung von Waren“ umfasse Kaufverträge und Werklieferungsverträge, nicht aber Dienstverträge und regelmäßig auch nicht Werkverträge. Zur Abgrenzung zwischen Kauf- und Werklieferungsvertrag einerseits und Werkvertrag andererseits ist entscheidend, auf welcher der Leistungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liege. Nach Ansicht des BGH sei dieser in der Herstellung eines funktionstauglichen Werks zu sehen, wofür insbesondere die individuelle Anpassung des Treppenlifts an die Anforderungen des Verbrauchers und der damit verbundene Aufwand spreche. Folglich stehe nicht die Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund, sodass der Vertrag als Werkvertrag einzustufen sei und das Widerrufsrecht nicht durch § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen werde.
Informationsquelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 191/2021 vom 20.10.2021