BGH zu Musterfeststellungsklage
Vertragsrecht | Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil (Az.: XI ZR 171/19) entschieden, dass die von einem Verbraucherschutzverein erhobene Musterfeststellungsklage unzulässig ist, weil es dem Musterkläger an der erforderlichen Klagebefugnis fehle.
In dem konkreten Fall hatte der Musterkläger unter anderem die Feststellung begehrt, dass Pflichtangaben in Verbraucherdarlehensverträgen, die von der beklagten Bank im Rahmen der Finanzierung von Kraftfahrzeug-Kaufverträgen abgeschlossen wurden, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche sowie, dass aus diesem Grund die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Den satzungsmäßigen Zweck, der im Wesentlichen im Verbraucherschutz vor unredlichen Geschäftspraktiken von Finanzdienstleistern besteht, verwirklicht der Musterkläger gemäß § 5 seiner Satzung dadurch, dass er gegen Regelungen von Finanzdienstleistern vorgeht, die verbraucherschützenden Regelungen widersprechen.
Das Oberlandesgericht hat die Musterfeststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Musterklägers vor dem BGH hatte ebenfalls keinen Erfolg. So entschied der XI. Zivilsenat, dass die Musterfeststellungsklage unzulässig sei, da sie nicht von einer qualifizierten Einrichtung nach § 606 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 S. 2 ZPO erhoben wurde. Zur Begründung führte der BGH aus, dass der Musterkläger die in § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO genannten Voraussetzungen, die spezielle Anforderungen an die Klagebefugnis stellen, nicht erfülle. So fehle es zum einen an dem schlüssigen Nachweis, dass der Musterkläger nach § 603 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO mindestens 350 natürliche Mitglieder habe.
Darüber hinaus konnte der Musterkläger auch nicht zur Überzeugung des Gerichts vortragen, dass er in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgabe Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehme. Vielmehr bestehe die Tätigkeit vor allem darin, fehlerhafte Geschäftsbedingungen der Finanzdienstleister gerichtlich geltend zu machen, sodass die daraus erzielten Einnahmen der Anspruchsdurchsetzung diejenigen aus den Mitgliedsbeiträgen um ein Vielfaches übersteigen. Aufgrund dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die (außer)gerichtliche Geltendmachung von Verbraucherinteressen beim Schutz der Verbraucher vor unredlichen Geschäftspraktiken nur eine untergeordnete Rolle spiele.
Informationsquelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 139/2020 vom 17.11.2020