Markenrechtsinhaber hat Auskunftsanspruch gegenüber Banken über Name und Anschrift eines Kontoinhabers im Falle offensichtlicher Rechtsverletzung
Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob ein Auskunftsanspruch des Inhabers einer Marke gegenüber einem Bankinstitut besteht oder ob einem solchen ein eventuell bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht des Bankinstituts entgegensteht.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist in der Produktion und dem internationalen Vertrieb von Parfums tätig und ist exklusive Lizenznehmerin der Marke „Davidoff Hot Water“. Sie ist berechtigt die Markenrechte im eigenen Namen zu verteidigen.
Im Rahmen eines Testkaufs erwarb die Klägerin auf einer Internetauktionsplattform das Parfum „Davidoff Hot Water“. Der Kaufpreis wurde auf ein bei einer Stadtsparkasse geführtes Konto gezahlt. Nach der Lieferung des Parfums stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine auch für den Laien erkennbare Fälschung handelte.
Da die Klägerin anderweitig keine Auskunft darüber erhalten konnte, wer Verkäufer des Parfums ist, forderte sie die Stadtsparkasse zur Auskunft über den Namen und die Anschrift des Kontoinhabers auf. Die Stadtsparkasse verweigerte die Auskunft.
Nachdem das Landgericht die Stadtsparkasse zur Auskunft verurteilt hatte, wies das Berufungsgericht die Klage in zweiter Instanz ab. Die Klägerin erhob gegen das Urteil des Berufungsgerichts Revision zum BGH.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin keinen Auskunftsanspruch gegen die beklagte Sparkasse. Diese habe in gewerblichen Ausmaß Dienstleistungen, hier die Führung des Kontos, erbracht. Damit sei der Tatbestand des §19 II 1 Nr.3 MarkenG, wonach der Markeninhaber von einem beteiligten Dienstleister Auskunft verlangen kann, zwar grundsätzlich erfüllt, jedoch stünde der Sparkasse als Bankinstitut in einem Zivilprozess ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 19 II 1 MarkenG iVm § 383 I Nr. 6 ZPO (Bankgeheimnis) zu, weshalb sie die Auskunft verweigern dürfe. Daher bestehe kein Auskunftsanspruch der Klägerin.
Der BGH schloss sich der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht an.
Der Gerichtshof hielt es zunächst für fraglich, ob die Auskunftsverweigerung mit europäischem Recht vereinbar sei und rief daher den Europäischen Gerichtshof an. Dieser entschied, dass das ein unbeschränktes Auskunftsverweigerungsrecht eines Bankinstituts in einem solchen Fall mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums stehe dem Verweigerungsrecht entgegen. Ein bedingungsloses und unbegrenztes Verweigerungsrecht eines Bankinstituts sei nicht von Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie gedeckt, vielmehr müsste das Recht des Rechtsinhabers auf einen wirksamen Rechtsbehelf und das Rechts des geistigen Eigentums auf der einen und das Rechts auf den Schutz der Kundendaten auf der anderen Seite, miteinander in Einklang gebracht werden
Dementsprechend nahm der BGH die Abwägung der konkurrierenden Rechte vor und kam zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Markeninhabers am Schutz seines geistigen Eigentums und an einem effektiven Rechtsbehelf bei der Durchsetzung seiner Ansprüche wegen des Vertriebs markenrechtsverletzender Ware die Interessen des beklagten Bankinstituts und seines Kunden am Schutz der in Rede stehenden Kontostammdaten überwiegen. Allerdings sei dies nur dann der Fall, wenn wie vorliegend offensichtliche Rechtsverletzungen im geschäftlichen Verkehr vorliegen.
Nach Auffassung des BGH besteht damit ein Auskunftsanspruch der Klägerin über Namen und Anschrift des Kontoinhabers. Die Sparkasse kann sich in diesem Fall nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Rechtliche Grundlage
- 19 II 1 Nr. 3, III Nr. 1 MarkenG (Auskunftsanspruch)
- § 383 bis 385 ZP
Verfasser: Lukas Panhans, TRUELSEN Rechtsanwälte