Wettbewerbsrecht | Verkündungstermin am 12. Feb. 2015
Die Beklagte stellt Milchprodukte her und vertreibt sie. Zu ihrem Sortiment gehört der Früchtequark „Monsterbacke“, der im Handel in Einheiten von sechs 50-Gramm-Bechern angeboten wird. Auf der Oberseite der Verkaufseinheiten war im Jahr 2010 der Werbeslogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ aufgedruckt. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält den Slogan für irreführend. Zudem macht sie geltend, der Werbeslogan enthalte nährwert- sowie gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, so dass die Kennzeichnung der mit dem Slogan versehenen Verkaufseinheit die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung) vorgesehenen – tatsächlich fehlenden – Informationen habe ausweisen müssen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Bundesgerichtshof ist davon ausgegangen, dass der Werbeslogan zwar nicht irreführend ist und auch keine nährwertbezogene Angabe enthält. Er hat aber angenommen, dass der Slogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Health-Claims-Verordnung* darstellt. Im Blick darauf hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Hinweispflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Health-Claims-Verordnung** bereits im für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Jahr 2010 befolgt werden mussten.
Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union für gesundheitsbezogene Angaben, die nicht nach Art 10 Abs. 1 der Health-Claims-Verordnung in Verbindung mit ihrem Art. 28 Abs. 5*** und 6 verboten waren, bejaht. Aus der Vorschrift des Art. 28 Abs. 5 der Health-Claims-Verordnung ergebe sich, dass gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchst. a in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Verordnung und der Erstellung der in Art. 13 Abs. 3 der Verordnung vorgesehenen Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben verwendet werden dürften, sofern sie der Verordnung entsprächen. Dies bedeute, dass dabei die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung vorgesehenen Informationen ausgewiesen sein müssten.
*Art. 2 Health-Claims-Verordnung lautet: …
(2) Ferner bezeichnet der Ausdruck …
5. „gesundheitsbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;….
**Art. 10 Health-Claims-Verordnung lautet, …
(2) Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen:
a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
b) Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,
c) gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und
d) einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.
…
***Art. 28 Health-Claims-Verordnung lautet: …
(5) Gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a dürfen ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste unter der Verantwortung von Lebensmittelunternehmern verwendet werden, sofern die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen; dies gilt unbeschadet der Annahme von Schutzmaßnahmen gemäß Art. 23. …
I ZR 36/11 (Monsterbacke)
LG Stuttgart – Urteil vom 31. Mai 2010 – 34 O 19/10 KfH
BeckRS 2011, 05658
OLG Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 U 61/10
ZLR 2011, 352
BGH – Beschluss vom 5. Dezember 2012 – I ZR 36/11
GRUR 2013, 189 = WRP 2013, 180 – Monsterbacke
EuGH – Urteil vom 10. April 2014 – C-609/12
GRUR 2014, 587
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr 007/2015 vom 19.01.2015