BGH zum digitalen Nachlass
Urteil – III ZR 183/17
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich Mitte vergangenen Jahres mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit der Zugriff auf ein Facebook-Konto sowie die damit verbundenen Inhalte vererbbar sind.
Klägerin in dem Verfahren war die Mutter eines 15-jährigen Mädchens, das aus nicht näher bekannten Umständen infolge eines U-Bahnunglücks verstorben ist. Zusammen mit dem Vater bildete sie die Erbengemeinschaft der Tochter. Die Beklagte ist Betreiberin eines sozialen Netzwerks (Facebook), in dem sich die Tochter im Jahr 2011 mit Einverständnis der Eltern anmeldete.
Nach dem Tod des Mädchens versuchte die Mutter, sich in das Nutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Da das soziale Netzwerk das Konto in einen sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte, war der Mutter jedoch kein Zugang zu dem Konto möglich. Mit der Klage verlangte die Mutter, dass die Beklagte ihr Zugriff auf das Konto sowie sämtlich darin enthaltene Kommunikationsinhalte gewährt, um Aufschluss über mögliche Suizidabsichten ihrer Tochter zu erhalten.
Während das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, wurde diese auf Berufung der Beklagten vom Kammergericht abgewiesen. Daraufhin erhob die Klägerin Revision, die vor dem BGH Erfolg hatte. Danach haben die Erben einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihnen einen Zugang zum Nutzerkonto und den damit verbundenen Kommunikationsinhalten gewährt. Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich dieser Anspruch aus dem zwischen der Tochter und der Beklagten geschlossenen Nutzungsvertrag, der mit dem Tod im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergegangen ist. Insbesondere wiesen die Richter darauf hin, dass die Vererblichkeit des Anspruchs nicht wegen der Klauseln über den Gedenkzustand ausgeschlossen ist, da diese kein wirksamer Vertragsbestandteil geworden seien. Auch das Fernmeldegeheimnis und die DSGVO laufen dem Anspruch nicht zuwider, da mit diesen Regelungen keine Einschränkung des Erbrechts verfolgt werde. Eine ausnahmsweise Unvererblichkeit von Daten müsse vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelt werden.
Darüber hinaus stellt der abgeschlossene Nutzungsvertrag nach Auffassung des BGH auch kein höchstpersönliches Rechtsverhältnis dar, das zu einer Unvererblichkeit führen würde. Die Kommunikationspartner der Nutzer müssten damit rechnen, dass in einem Todesfall die Erben an deren Stelle treten und Kenntnis von den Inhalten erlangen. Die Richter stellten mit dieser Grundsatzentscheidung fest, dass sich digitale Inhalte hinsichtlich der Vererblichkeit nicht von analogen Dokumenten wie Tagebüchern oder Briefen mit höchstpersönlichem Inhalt unterscheiden.
Informationsquelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 115/2018 vom 12.07.2018