Der für das Urheberrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhan-delt am 28. November 2013 in folgender Sache:
LG Stuttgart – Urteil vom 27. September 2011 – 17 O 671/10, GRUR-RR 2011, 419 = ZUM 2011, 946, OLG Stuttgart – Urteil vom 4. April 2012 – 4 U 171/11, GRUR 2012, 718 = ZUM 2012, 495
Die Klägerin ist die Inhaberin aller Nutzungsrechte an dem Buch „Meilensteine der Psychologie“, das einschließlich Literaturverzeichnis und Namens- und Sachregister 533 Seiten umfasst. Das Werk wird auch studienbegleitend im Psychologiestudium eingesetzt. Die Beklagte, eine staatliche Fernuniversität, hat daraus in einer elektronischen Lernplattform, die jeweils nur den angemeldeten – etwa 4.000 – Studenten zugänglich ist, zunächst 14 Kapitel mit 91 Seiten als PDF-Dokument zugänglich gemacht hat. Nach einer Abmahnung durch die Klägerin hat die Beklagte nur noch 9 Kapitel mit 70 Seiten eingestellt und zugleich die Nutzung auf das Programm FlashPlayer umgestellt, wodurch ein Abspeichern und Weiterverarbeiten ausgeschlossen wird. Ein Ausdruck ist aber weiterhin möglich. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch das Einscannen der Werkteile, die Anfertigung der PDF-Dateien und das Einpflegen der Werkteile in die Datenbank ihrer elektronischen Lernplattform eine unzulässige Vervielfältigung vorgenommen, um das Werk öffentlich zugänglich zu machen. Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Nutzung sei nicht von der Schranke des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG umfasst. Die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Buches sei nur erlaubt, sofern der Umfang des jeweiligen Werkteils nicht mehr als drei Seiten betrage. Die Zugänglichmachung diene auch nicht zur Veranschaulichung im Unterricht, wenn die Wiedergabe des Werkteils eine Ergänzung und Vertiefung des Unterrichtsthemas darstellt. Jedenfalls sei sie in ihrem Umfang auch nicht geboten. Da sich der Prüfungsstoff auf die auf der Lernplattform eingestellten Kapitel beschränke, sei ein Erwerb des streitgegenständlichen Buches nicht mehr erforderlich, was die Klägerin in der normalen Verwertung beeinträchtige. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
§ 52a UrhG lautet: (1) Zulässig ist, 1.veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern…öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.…
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 176/2013 vom 23.10.2013