EuGH zu religiösen Zeichen am Arbeitsplatz
Arbeitsrecht | Unternehmen ist es gestattet, im Falle einer Gefährdung der betrieblichen Neutralität, das Tragen sichtbarer religiöser Zeichen zu verbieten.
Bereits im August 2020 wurde vom EuGH festgestellt, dass ein pauschales Verbot nicht gerechtfertigt sei und lediglich bei Anhaltspunkten für konkreten Störungen durch das Tragen eines Kopftuches betriebliche Neutralitätsvorgaben erlaubt sind.
Nun entschied der EuGH über die Neutralitätsvorgaben zweier Unternehmen (Urt. v. 15.07.2021, Az. C-804/18 und C-341/19). Die Ausgangsfälle lauteten wie folgt. In einem Fall wurde einer Mitarbeiterin einem süddeutschen Drogeriemarkt das Tragen von sichtbaren religiösen Zeichen und damit auch dem Kopftuch untersagt. Im zweiten Fall handelte es sich um eine Erzieherin in Hamburg, welcher ebenfalls das Tragen eines Kopftuches verboten wurde. Die Arbeitgeber beendeten die Beschäftigung bzw. mahnten die Arbeitnehmerinnen ab. Die erkennenden Gerichte setzten ihre Verfahren aus. Sie erbaten vom EuGH eine Vorabentscheidung in der Frage, ob das Unionsrecht betriebliche Neutralitätsvorgaben erlaube.
Dieser konstatierte, dass ein pauschales Verbot jeglicher religiöser Zeichen im Betrieb, unabhängig von der Konfession oder Weltanschauung, eine mittelbare Diskriminierung wegen der Religion darstellt. Eine solche Neutralitätspolitik könne jedoch gerechtfertigt sein, sofern es seitens des Arbeitgebers ein „wirkliches“ und nachgewiesenes Bedürfnis an betrieblicher Neutralität gebe, ohne dessen Befolgung die unternehmerische Freiheit aufgrund von entsprechenden Kundenerwartungen eingeschränkt werde.
Dabei müsse jedoch eine Abwägung stattfinden, denn Angehörige bestimmter religiöser Gruppen besonders getroffen, wenn das Tragen großflächiger religiöser Zeichen stärker mit der Religion verbunden sei als bei anderen religiösen oder weltanschaulichen Strömungen. Es sei auch zu beachten, dass eine wirksame betriebliche Neutralitätspolitik verfolgt werden könne, wenn gar keine sichtbaren Bekundungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugung erlaubt seien. Grundsätzlich müssten auch immer Nationale Vorschriften, die die Religionsfreiheit schützen, bei der Abwägung beachtet werden.
Informationsquelle: Artikel der Legal Tribune Online vom 15.07.2021