BAG zu Lohnanspruch während Lockdown
Arbeitsrecht | Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil (Az.: 5 AZR 211/21) entschieden, dass ein Arbeitgeber, der seinen Betreib aufgrund eines staatlich verfügten „Lockdowns“ vorübergehend schließen muss, nicht das Risiko des Arbeitsausfalls trägt und dementsprechend nicht verpflichtet ist, den Beschäftigten unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs eine Vergütung zu zahlen.
Im konkreten Fall war die Klägerin seit Oktober 2019 als geringfügig Beschäftigte gegen eine monatliche Vergütung von 432,00 Euro bei der Beklagten, die einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör betreibt, angestellt. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund einer Allgemeinverfügung der Freien Hansestadt Bremen zur Eindämmung des Coronavirus geschlossen. Folglich konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt auch keine Vergütung. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Sie argumentiert, dass die Schließung des Betriebs aufgrund einer behördlichen Anordnung unter das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko falle. Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und führte an, dass die zur Pandemiebekämpfung angeordneten Maßnahmen dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen sei. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die von der Beklagten eingelegte Revision Erfolg.
Demnach steht der Klägerin für den Monat April 2020, in dem ihr die Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte unmöglich war, kein Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Das Bundesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass ein Arbeitgeber nicht das Risiko eines Arbeitsausfalls trage, wenn zum Schutz der Bevölkerung aufgrund einer behördlichen Anordnung nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiere sich nicht das in einem bestimmten Betrieb angelegte Betriebsrisiko. Vielmehr beruhe die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung auf einem hoheitlichen Eingriff zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Demnach sei es Aufgabe des Staates einen adäquaten Ausgleich für die durch den hoheitlichen Eingriff entstandenen finanziellen Nachteile zu sorgen, etwa durch Kurzarbeitergeld. Sofern ein solcher Ausgleich, wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigte nicht in Betracht komme, beruhe dies auf Lücken um sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem und könne nicht zu einer arbeitsrechtlichen Zahlungspflicht des Arbeitgebers führen.
Informationsquelle: Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts, Pressemitteilung Nr. 31/21 vom 13.10.2021