BAG – Urteil für Fahrradlieferanten
Arbeitsrecht | Das Bundearbeitsgericht hat mit einem Urteil (Az.: 5 AZR 334/21) entschieden, dass Fahrradlieferanten, die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, einen Anspruch darauf haben, dass der Arbeitgeber ihnen die zur Ausübung ihrer Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt.
Im konkreten war der Kläger bei der Beklagten als Fahrradlieferant angestellt. Dabei liefert er von Kunden über das Internet bei verschiedenen Restaurants bestellte Speisen und Getränke aus. Für die Lieferfahrten benutzt er sowohl sein eigenes Fahrrad als auch sein eigenes Mobiltelefon. Diese Verpflichtung folgt aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien, bei denen es sich um AGB handelt. Den angestellten Fahrradlieferanten wird von der Beklagten lediglich eine Reparaturgutschrift in Höhe von 0,25 Euro pro gearbeiteter Stunde gewährt, die ausschließlich bei einem von ihr bestimmten Unternehmen eingelöst werden können. Mit der Klage verlangt der Kläger, dass die Beklagte ihm ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes Mobiltelefon für seine Tätigkeit zur Verfügung stellt. Er ist der Auffassung, dass es in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers falle, die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber ist die Beklagte der Ansicht, dass die vertragliche Regelung wirksam sei und die bei ihr angestellten Fahrradlieferanten ohnehin über ein Fahrrad und internetfähiges Mobiltelefon verfügen, durch deren Verwendung sie nicht übermäßig belastet würde. Zudem bestünde die Möglichkeit, etwaige Nachteile durch die gesetzliche Möglichkeit, Aufwendungsersatz geltend zu machen, ausgeglichen.
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des BAG benachteilige die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons den Kläger unangemessen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 BGB. Insbesondere werde die Beklagte durch die Regelung von entsprechenden Anschaffungs- und Betriebskosten entlastet und trage nicht das Risiko für Verschleiß oder Beschädigung der essentiellen Arbeitsmittel. Dies widerspreche jedoch dem gesetzlichen Grundgedanken des Arbeitsverhältnisses, wonach der Arbeitgeber die für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen hat. Zudem stelle weder die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, Aufwendungsersatz zu verlangen, noch die vertragliche Regelung der Reparaturgutschrift eine angemessene Kompensation der Nachteile des Klägers dar.
Informationsquelle: Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts, Pressemitteilung Nr. 38/21 vom 10.11.2021