Der für das Vertragsrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs weist auf folgenden Verhandlungstermin: 2. Juli 2014 hin.
In den beiden, am 2. Juli 2014 zur Verhandlung anstehenden Verfahren wird der VIII. Zivilsenat für zwei besondere Fallkonstellationen zu entscheiden haben, mit wem durch die Entnahme von Gas beziehungsweise Strom bei einem Grundstück ein Vertrag zustande kommt, wenn ein schriftlicher Liefervertrag nicht abgeschlossen worden ist. Die Bereitstellung von Strom beziehungsweise Gas stellt in diesen Fällen eine sogenannte Realofferte dar, die sich typischerweise an den Grundstückseigentümer beziehungsweise an denjenigen richtet, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss ausübt. In den zur Entscheidung anstehenden Verfahren geht es um die Frage, wer bei einem vermieteten Grundstück Adressat der Realofferte des Versorgungsunternehmens ist, das heißt mit wem durch die Entnahme von Energie auf dem Grundstück ein Versorgungsvertrag zustande kommt.
VIII ZR 313/13 Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, begehrt von der Beklagten als Mitmieterin eines Einfamilienhauses in Berlin für Gaslieferungen in der Zeit vom Oktober 2005 bis zum 23. Juli 2008 eine Vergütung in Höhe von 6.964,75 €. Die Beklagte behauptet, sie habe den von ihrem damaligen Lebensgefährten abgeschlossenen Mietvertrag nur aus „Bonitätsgründen“ als zweite Mieterin unterschrieben, sei dort aber nie eingezogen. Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Kammergericht ausgeführt, es genüge nicht, dass die Beklagte Mitmieterin gewesen sei. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass die Beklagte Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss erlangt habe. Ihre Anwesenheit bei der Schlüsselübergabe genüge nicht, da sie weder einen Schlüssel für das Einfamilienhaus erhalten habe noch dort eingezogen sei. Vielmehr habe sie mit ihren Kindern in einer anderen Wohnung gewohnt und sich allenfalls kurzfristig zu Besuch in dem Haus aufgehalten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
VIII ZR 316/13 Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, begehrt eine Vergütung in Höhe von 32.539,09 € für Stromlieferungen von dem Beklagten als Grundstückseigentümer. Der Beklagte hatte das Grundstück am 29. Januar 2007 erworben und am 2. Februar 2007 an seinen Sohn verpachtet, der nach dem Pachtvertrag verpflichtet war, die Stromkosten aufgrund eines eigenen Vertrags mit dem Versorgungsunternehmen zu tragen. Der Pächter verbrauchte erhebliche Mengen an Strom, schloss jedoch keinen Stromversorgungsvertrag ab und teilte der Klägerin auch nicht mit, dass er Strom verbrauche. Die Klägerin ließ mehrfach auf dem Grundstück den Stromverbrauch ablesen und schickte die entsprechenden Rechnungen zunächst an die frühere Grundstückseigentümerin, die der Klägerin jeweils mitteilte, dass sie mit dem Grundbesitz nichts mehr zu tun habe. Am 14. Dezember 2012 erstellte die Klägerin gegenüber dem Beklagten als Grundstückseigentümer eine Rechnung für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2010 in Höhe von 32.539,09 €. Das Landgericht hat die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, nicht der Beklagte, sondern der Pächter sei aufgrund der Stromentnahme Vertragspartner der Klägerin geworden. Zwar richte sich die im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegende Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrags typischerweise an den Grundstückseigentümer bzw. denjenigen, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübe. Diese Bedeutung komme dem Leistungsangebot aber dann nicht zu, wenn der Abnehmer bereits anderweitig feststehe, etwa weil bereits ein (konkludenter) Vertrag mit einem Mieter geschlossen sei. So sei es hier. Der Pächter habe das Grundstück unmittelbar nach dem Eigentumserwerb seitens des Beklagten übernommen; der Beklagte selbst habe daher zu keinem Zeitpunkt – und sei es nur kurzfristig – Strom entnommen. Daher sei der Vertrag mit dem Pächter, nicht dem Beklagten zustande gekommen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 91/2014 vom 04.Juni 2014