Der für das Vertragsrecht zuständige BGH weist auf eine Verhandlung am 09.12.2014 hin.
X ZR 147/13
LG Hannover – Urteil vom 30. Oktober 2012 – 18 O 129/12
OLG Celle – Urteil vom 28. November 2013 – 11 U 279/12
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände verlangt von der beklagten Reiseveranstalterin, es zu unterlassen, beim Abschluss von Pauschalreisen folgende Reisebedingung zu verwenden:
„Bei Vertragsabschluss wird gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von i. d. R. 25 %, bei gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen und Reisen der Marken … und BestPreis-Angeboten von … sowie Ticket-Paketen aus Leistungsbeschreibungen (Ziffer 3.1) mit dem Titel „Musicals & Shows“ 40 % des Gesamtpreises fällig.“
Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klausel untersagt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Die von der Beklagten unmittelbar bei Vertragsabschluss geforderte Anzahlung von 40 % des Reisepreises benachteilige den Vertragspartner unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 und 2 BGB*. Sie sei weitgehend intransparent, d. h. nicht klar und verständlich. Denn aus Sicht des Vertragspartners sei nicht eindeutig erkennbar, was unter „gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen“ zu verstehen sei.
Zudem weiche die beanstandete Reisebedingung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 320 BGB** ab. Bei der Prüfung, ob eine Vertragsbedingung eine unangemessene Benachteiligung enthalte, seien die beiderseitigen Interessen abzuwägen und der in § 320 BGB enthaltene Grundgedanke der Zug um Zug zu gewährenden Leistungen zu berücksichtigen. Dazu gehöre zum einen die Absicherung der Rückerstattung des Reisepreises und weiterer Aufwendungen. Zum anderen habe der Gesetzgeber dem Vertragspartner mit dem Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB ein Druckmittel in die Hand geben wollen, den anderen Teil zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten zu veranlassen. Nach Einführung des Sicherungsscheins sei das Ausfallrisiko bei Insolvenz des Veranstalters zwar verringert worden. Gleichwohl trage der Reisende weiterhin das Risiko, dass der Reiseveranstalter zum vereinbarten Reisetermin – unabhängig von seiner Zahlungsfähigkeit – nicht fähig oder nicht bereit sei, die geschuldete Reiseleistung zu erbringen. Auch wenn der Reiseveranstalter sämtliche Vorauszahlungen für einzelne Reiseleistungen frühzeitig an seine Vertragspartner (z.B. Fluggesellschaften) zu erbringen habe, rechtfertige dies nicht die Anzahlung eines wesentlichen Teils des Reisepreises. Der Reisende erhalte einen eigenen Anspruch gegen den Leistungserbringer erst mit der Aushändigung der Reiseunterlagen und noch nicht zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten bei der Beklagten. Darüber hinaus sei für den Reisenden zum Zeitpunkt der verlangten Anzahlung nicht erkennbar, ob und inwieweit die Beklagte die Leistungen bereits tatsächlich erworben und auch bezahlt habe.
Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
* § 307 BGB Inhaltskontrolle
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 320 BGB Einrede des nicht erfüllten Vertrages
Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 139/2014 vom 01.10.2014